Preis­bin­dung wird fal­len: Apo­the­ker glau­ben Spahn nicht

09.01.2020 | Zahl der Woche

Ber­lin Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) hat ein Gut­ach­ten zur Über­prü­fung der Preis­bin­dung in Auf­trag gege­ben. Einem Spre­cher des BMG zufol­ge soll damit das Apo­the­ken­stär­kungs­ge­setz (VOASG) unter­stützt wer­den. Trotz­dem machen sich die Apo­the­ker Sor­gen: Ein Ende der Preis­bin­dung wür­den sie nach eige­ner Ein­schät­zung wirt­schaft­lich nicht über­le­ben, wie eine aktu­el­le apo­scope-Umfra­ge zeigt.

Vom Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um (BMG) beauf­tragt wur­den dies­mal das Iges-Insti­tut und das Deut­sche Insti­tut für Wirt­schafts­for­schung (DIW). Das Gut­ach­ten befasst sich laut einem Minis­te­ri­ums­spre­cher „mit den mög­li­chen Aus­wir­kun­gen einer par­ti­el­len oder voll­stän­di­gen Auf­ga­be der Preis­bin­dung bezie­hungs­wei­se der Gewäh­rung von Boni bei ver­schrei­bungs­pflich­ti­gen Arz­nei­mit­teln“. Ergeb­nis­se erwar­tet das BMG Mit­te des Jahres.

Und was erwar­ten die Apo­the­ker? Immer­hin zwei Drit­tel (68 Pro­zent) gehen davon aus, dass es bei einer Ana­ly­se nur eine Ant­wort geben kann: Die Preis­bin­dung ist für die flä­chen­de­cken­de Ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung mit Arz­nei­mit­teln essen­zi­ell. 18 Pro­zent rech­nen damit, dass die Preis­bin­dung for­mal erhal­ten bleibt, Apo­the­ken aber die Gewäh­rung von Rx-Boni erlaubt wird. Wei­te­re 13 Pro­zent erwar­ten, dass die Gut­ach­ter eine kom­plet­te Preis­frei­ga­be auf allen Han­dels­stu­fen emp­feh­len werden.

Und was wür­de das für die Apo­the­ken bedeu­ten? Die Inha­ber sehen schwarz: Aus­nahms­los tei­len sie die Erwar­tung, dass ein Ende der Preis­bin­dung das Aus für tau­sen­de Apo­the­ken bedeu­ten wür­de: 100 Pro­zent stim­men die­ser Aus­sa­ge zu, 71 Pro­zent davon stim­men voll­kom­men zu. Fast jeder Drit­te befürch­tet, dass es genau so kommt: 30 Pro­zent der Apo­the­ker rech­nen damit, dass die Preis­bin­dung noch in die­ser Legis­la­tur­pe­ri­ode fällt. Ent­spre­chend hofft aller­dings eine Mehr­heit (64 Pro­zent) noch dar­auf, dass es dazu zumin­dest mit­tel­fris­tig nicht kommt. 6 Pro­zent sind bei der Fra­ge unsicher.

Soll­ten Rx-Boni für alle Apo­the­ken erlaubt wer­den, wür­de Stand jetzt eine Mehr­heit den­noch ver­su­chen, an den Fix­prei­sen fest­zu­hal­ten: 58 Pro­zent wür­den kei­ne Rx-Boni gewäh­ren, weil das „wirt­schaft­lich nicht dar­stell­bar“ sei. 29 Pro­zent wür­den ver­su­chen, ein eige­nes Bonus-Modell zu ent­wi­ckeln ohne pau­schal Rabat­te auf Rx-Arz­nei­mit­tel zu gewäh­ren. Und 13 Pro­zent wür­den Rx-Boni in markt­üb­li­cher Höhe anbie­ten, um im Wett­be­werb zu bestehen – was auch immer das dann kon­kret bedeu­ten würde.

Der Blick auf den OTC-Markt zeigt, dass eine defen­si­ve Preis­stra­te­gie durch­aus ver­brei­tet ist: 82 Pro­zent der Befrag­ten gaben an, bei den frei­ver­käuf­li­chen Arz­nei­mit­ten haupt­säch­lich nach Lis­ten­preis zu ver­kau­fen mit ver­ein­zel­ten Son­der­an­ge­bo­ten. Wei­te­re 11,2 Pro­zent ver­kau­fen sogar kon­se­quent nach UVP/AVP. Nur eine Min­der­heit von 7,1 Pro­zent ver­sucht ihr Glück mit dau­er­haf­ten Rabat­ten auf wei­te Tei­le des Sor­ti­ments. In die Kate­go­rie „Dis­count-Ange­bot mit Tief­preis­ga­ran­tie“ hat sich kei­ner der Befrag­ten einsortiert.

Mit dem VOASG sol­len phar­ma­zeu­ti­sche Dienst­leis­tun­gen geson­dert ver­gü­tet wer­den. Der Gesetz­ge­ber will mit der Maß­nah­me die Apo­the­ken vor Ort gegen­über dem Ver­sand­han­del stär­ken. Ob das gelingt, wird maß­geb­lich von den defi­nier­ten Leis­tun­gen und der mit dem GKV-Spit­zen­ver­band zu ver­han­deln­den Ver­gü­tung abhän­gen. Als Alter­na­ti­ve zum fixen Packungs­ho­no­rar mit Rabatt­ver­bot sehen die Apo­the­ker die neu­en Hono­rar­op­tio­nen aber nicht: 89 Pro­zent wider­spre­chen der Aus­sa­ge, dass die Preis­bin­dung ruhig weg­fal­len könn­te, wenn phar­ma­zeu­ti­sche Dienst­leis­tun­gen ange­mes­sen hono­riert würden.

Eine Frei­ga­be der Rx-Prei­se wür­de mut­maß­lich gera­de im Ver­sand­han­del zu einem har­ten Preis­wett­be­werb füh­ren wie er auch im OTC-Geschäft zu beob­ach­ten ist. Trotz­dem erwar­ten die meis­ten Teil­neh­mer, dass die Ver­sen­der pro­fi­tie­ren wür­den. Aller­dings gibt es auch eine gar nicht so klei­ne Min­der­heit von 25 Pro­zent die glaubt, dass freie Rx-Prei­se für den Ver­sand­han­del rui­nös wären.

Zwar beteu­ert das BMG, mit dem Gut­ach­ten die Preis­bin­dung stüt­zen und nicht stür­zen zu wol­len. Doch die Apo­the­ker trau­en dem Bra­ten nicht: 72 Pro­zent hal­ten das Gut­ach­ten für ein Fei­gen­blatt: Poli­tisch sei die Ent­schei­dung zur Auf­ga­be der Preis­bin­dung längst gefal­len. Nur 19 Pro­zent wider­spre­chen die­ser Aussage.

Eine Mehr­heit von 57 Pro­zent glaubt auch nicht, dass das Gut­ach­ten genau­so in der Schub­la­de ver­schwin­den wird wie das 2hm-Gut­ach­ten. Das Markt­for­schungs­un­ter­neh­men hat­te im Auf­trag des Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­ums (BMWi) Apo­the­ker befragt sowie mit umstrit­te­nen Metho­den den Markt ana­ly­siert und der Poli­tik in der Fol­ge ein Ein­spar­po­ten­zi­al von rund einer Mil­li­ar­de Euro im Apo­the­ken­markt auf­ge­tischt. Zwar hat die Regie­rung nie auf die Emp­feh­lun­gen zurück­ge­grif­fen, als Druck­mit­tel wur­de das Gut­ach­ten aber auch von Spahn schon erwähnt.

Die Ergeb­nis­se zur „Zahl der Woche“ wur­den mit ins­ge­samt 98 veri­fi­zier­ten Apothekeninhaber:innen am 8. und 9. Janu­ar 2020 erhoben.

Den ori­gi­nal Arti­kel fin­den Sie auf APOTHEKE ADHOC.