Berlin – Lieferengpässe, beunruhigte Kunden und vereinzelt Mitarbeiter in Quarantäne – in den Apotheken hat sich die Lage in Bezug auf den Corona-Ausbruch verschärft. Das zeigen die Ergebnisse einer aposcope-Umfrage unter Apothekern und PTA und insbesondere die Vergleichswerte zur Umfrage von vor einer Woche. Diese belegen aber auch: Die Apotheken sind für viele Menschen eine wichtige Anlaufstelle – und die Teams in der Offizin entspannt.
Da sich das Virus nun auch in Deutschland schneller ausbreitet (aktuell 240 Fälle) und täglich neue Verdachtsfälle bekannt werden, ist die Aufmerksamkeit weiter gestiegen. In den Apotheken hält man die Aufregung für aufgebauscht: 90 Prozent finden, dass das Thema in den Medien dramatisiert wird, in der Vorwoche waren es noch 69 Prozent. Auch die Sorge, dass es hierzulande bald vermehrt Todesfälle aufgrund der Virus-Epidemie geben könnte, ist zumindest in den Apotheken zurückgegangen. Zwar haben immer noch 28 Prozent diese Angst, vor einer Woche waren es aber noch signifikant mehr (37 Prozent). Und die meisten (69 Prozent) halten die „normale“ Grippe für gefährlicher als CoV‑2.
Trotzdem: Einer Mehrheit von 55 Prozent zufolge sind einzelne Kollegen im Team wegen des Coronavirus nervös. Und dieser Wert ist deutlich gestiegen. 17 Prozent der Apotheken beobachten eine steigende Zahl an Krankmeldungen in der Belegschaft. Und auch in den Apotheken gehen die allermeisten (85 Prozent) davon aus, dass sich das Coronavirus in den nächsten Wochen „massiv verbreiten“ wird. 59 Prozent erwarten zudem, dass das öffentliche Leben massiv eingeschränkt wird.
In rund jeder vierten Apotheke gibt es einen Notfall- oder Pandemieplan. Heißt aber auch: In 62 Prozent der Apotheken gibt es nach Angaben der Inhaber noch keinen. In absoluten Einzelfällen wurden sogar schon Mitarbeiter von öffentlicher Stelle unter häusliche Quarantäne gestellt.
Die Apotheken selbst versuchen, sich vorzubereiten und sich mit bestimmten Produkten zu bevorraten – sofern das überhaupt noch geht. Unter den meist genannten Produkten im Freitextfeld finden such Desinfektionsmittel, Atemmasken und Einmalhandschuhe als Mittel zur Prävention. Aber etwa jede zehnte Apotheke bestellt auch über den normalen Bedarf hinaus Antibiotika und Schmerzmittel.
Während Atemschutzmasken und Desinfektionmittel in vielen Apotheken (89 bzw. 86 Prozent) ausverkauft sind, hat sich mittlerweile auch bei anderen Produkten die Nachfrage spürbar erhöht: Deutlich mehr als gewöhnlich werden Medizinprodukte zur Infektabwehr (40 Prozent), Fieberthermometer (40 Prozent) und Grippemittel (33 Prozent) verkauft.
Das Problem: Die allgemeine Liefersituation ist alles andere als gut: Nur 4,9 Prozent der Befragten gaben an, die bestellte Ware vollständig erhalten zu haben. Zwei Drittel (67 Prozent) erhielten die Ware nur teilweise, 22 Prozent gar nichts. Außerdem haben 20 Prozent der Befragten das Gefühl, dass die Kunden seit Ausbruch der Krise verstärkt online bei Versandapotheken bestellen. Aktuelle Umsatzzahlen der Versender stützen diese Vermutung.
Das Thema Corona-Virus ist in der Offizin allgegenwärtig: 91 Prozent der Befragten gaben an, mehrmals täglich von Kunden auf die Epidemie angesprochen zu werden. Bei den Nachfragen geht es jetzt verstärkt auch um Diagnose und Verhalten im Fall einer Infektion. Die zweite Zahl in der Klammer bildet das Ergebnis der Vorwoche ab.
- Wie schütze ich mich vor dem Coronavirus? 78 Prozent (76)
- Wie gefährlich ist das Coronavirus wirklich? 47 Prozent (40)
- Wie steckt man sich mit dem Virus an? 36 Prozent (28)
- Woran erkenne ich, ob ich infiziert bin (Symptome)? 27 Prozent (20)
- Wie muss ich mich verhalten, wenn ich den Verdacht habe, infiziert zu sein? 22 Prozent (13)
- Gibt es schon einen Impfstoff? 21 Prozent (17)
- Wie erfolgt die Behandlung? 16 Prozent (6)
- Wie ist der Krankheitsverlauf? 12 Prozent (10)
- Welche Länder/Gebiete sollte ich derzeit lieber nicht bereisen? 6,4 Prozent (9)
Eindeutiger ist die Entwicklung bei der Frequenz der Nachfragen: „Wie häufig werden Sie von Ihren Kunden auf das Thema ‚Coronavirus‘ angesprochen?“
- mehrmals täglich: 91 Prozent (41)
- täglich: 7 Prozent (32)
- im Wochenrhythmus: 0,5 Prozent (6)
- vereinzelt: 0,5 Prozent (16 )
- noch gar nicht: 0 Prozent (4)
Patienten mit massiven Erkältungsbeschwerden erhalten in Apotheken meist den Rat, bei ihrem Hausarzt zunächst anzurufen (72 Prozent). Den direkten Besuch in der Praxis empfehlen 20 Prozent, jeder Zehnte rät dazu, den Hausbesuch zu bestellen. Etwas mehr (13,3 Prozent) die Konsultation beim zuständigen Gesundheitsamt. In die Notaufnahme schicken nur 5,4 Prozent die Kunden mit den bekannten Symptomen.
Bei der Frage nach der Informationspolitik schneiden die zuständigen Behörden wie das Robert Koch-Institut besser ab als das Bundesgesundheitsministerium. Insgesamt fühlen sich die Teams in den Apotheken aber gut informiert.
Hinweis zur Methodik
Die Ergebnisse der aposcope-Umfrage zur „Zahl der Woche“ wurden am 03. März 2020 mit insgesamt 203 verifizierten Apotheker:innen und PTA online erhoben. Die Umfrage ist repräsentativ für die deutsche Apothekenlandschaft.
Den original Artikel finden Sie auf APOTHEKE ADHOC.