Apo­the­ken sor­gen sich um die Zukunft – und neh­men Kas­sen in die Pflicht

01.04.2020 | Zahl der Woche

Ber­lin – In den ers­ten Wochen der Coro­na-Kri­se wur­den die Apo­the­ken nahe­zu über­rannt. Das hat sich inzwi­schen geän­dert: Seit­dem über­all Kon­takt­sper­ren unter­schied­li­chen Aus­ma­ßes ver­hängt wur­den, ist es deut­lich ruhi­ger gewor­den. Den­noch steht das Wohl der Kun­den und des­sen Schutz für vie­le wei­ter­hin an ers­ter Stel­le. Daher haben zahl­rei­che Apo­the­ken für Risi­ko­grup­pen wie älte­re Men­schen einen Boten­dienst ein­ge­führt. Für die­se zusätz­li­che Leis­tung wünscht sich die Mehr­heit des Apo­the­ken­per­so­nals (95 Pro­zent) finan­zi­el­le Unter­stüt­zung durch die Kran­ken­kas­sen, wie die aktu­el­le apo­scope-Umfra­ge zeigt.

Diagramm: aposcope_Umfrage_Coronavirus_Finanzielle_Unterstuetzung_Botendienst_Apotheke_durch_Krankenkassen

In der aktu­el­len apo­scope-Umfra­ge wur­den Inha­ber, ange­stell­te Appro­bier­te und PTA gefragt, was ihnen der­zeit die größ­ten Sor­gen berei­tet. Typisch für Heil­be­ruf­ler – sie den­ken in ers­ter Linie nicht an sich selbst: Mehr als zwei Drit­tel (69 Pro­zent) sor­gen sich am meis­ten um die Gesund­heit ihrer Ange­hö­ri­gen, die zu einer Risi­ko­grup­pe gehö­ren. Abseits davon machen sich vie­le Teil­neh­mer (59 Pro­zent) Sor­gen um die wirt­schaft­li­che Sta­bi­li­tät des Lan­des. Doch vor allem die Gesund­heit der eige­nen Fami­lie, der Kol­le­gen und Pati­en­ten beschäf­tigt das Per­so­nal in den Apotheken.

Zu ihrem Schutz ist die Lie­fe­rung von Arz­nei­mit­teln über einen Boten­dienst wich­ti­ger denn je, da dadurch unnö­ti­ge Besu­che in der Apo­the­ke ver­mie­den wer­den. Dafür erwar­ten die Apo­the­ken­teams mehr Unter­stüt­zung von den Kran­ken­kas­sen. Denn der zusätz­li­che Ser­vice bleibt bis­her fast immer (98 Pro­zent) unbe­zahlt. Eine deut­li­che Mehr­heit von 95 Pro­zent stimmt der Aus­sa­ge zu, dass die Kas­sen den Boten­dienst der Apo­the­ken finan­zi­ell unter­stüt­zen soll­ten. Und 88 Pro­zent fin­den, dass das Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um (BMG) umge­hend eine Ver­ord­nung zum Boten­dienst­ho­no­rar beschlie­ßen soll­te. Dabei hal­ten die meis­ten (73 Pro­zent) ein Hono­rar von 2 Euro für ange­mes­sen, wie es aktu­ell schon die AOK Baden-Würt­tem­berg zahlt.

Durch Kon­takt­ver­bot: Ver­än­der­te Situa­ti­on in Apotheken

Mehr als die Hälf­te (54 Pro­zent) der befrag­ten Apo­the­ker und PTA gibt an, dass sie seit dem Kon­takt­ver­bot weni­ger Kun­den haben als zuvor. 18 Pro­zent sagen, dass sie in der ver­gan­ge­nen Woche mehr Kun­den gehabt haben, bei 24 Pro­zent war das Auf­kom­men unver­än­dert. Chro­ni­ker haben sich teil­wei­se für län­ge­re Zeit ver­sorgt und die nor­ma­le Lauf­kund­schaft bleibt aus.

Vie­le Teams nut­zen die­se Pha­se, um die in den ver­gan­ge­nen Wochen auf­ge­türm­ten Über­stun­den abzu­bau­en: In jeder fünf­ten Apo­the­ke (22 Pro­zent) wird so ver­fah­ren. Noch häu­fi­ger (30 Pro­zent) wer­den fle­xi­ble Arbeits­zei­ten genutzt. Immer­hin 7 Pro­zent der Teil­neh­mer gaben an, dass Mit­ar­bei­ter in Kurz­ar­beit geschickt wer­den. Wei­te­re 5 Pro­zent bean­spru­chen wirt­schaft­li­che Hil­fen. Eben­so vie­le haben Mit­ar­bei­ter in Zwangs­ur­laub geschickt. Rund die Hälf­te der Apo­the­ken hat aller­dings bis­her noch kei­ne Maß­nah­men ergriffen.

Apo­the­ken­teams bli­cken in unge­wis­se Zukunft

Neben der Angst vor dem Virus selbst ist die men­ta­le Belas­tung der letz­ten Wochen nicht spur­los an den Teams vor­bei­ge­gan­gen. Mehr als jeder Drit­te (35 Pro­zent) macht sich Sor­gen um die eige­ne kör­per­li­che Gesund­heit, nahe­zu jeder Vier­te (24 Pro­zent) um sei­ne psy­chi­sche Gesund­heit. Dazu kom­men Exis­tenz­ängs­te: Immer­hin 30 Pro­zent sor­gen sich um die eige­ne wirt­schaft­li­che oder finan­zi­el­le Lage. Jeder drit­te Inha­ber (34 Pro­zent) bangt um die Über­le­bens­fä­hig­keit sei­ner Apo­the­ke, 21 Pro­zent der PTA um die Sicher­heit ihrer Jobs. Doch es gibt auch sehr all­ge­mei­ne Sor­gen: 21 Pro­zent sor­gen sich um die poli­ti­sche Sta­bi­li­tät des Lan­des, 12 Pro­zent befürch­ten Lebens­mit­tel­eng­päs­se und 7 Pro­zent stei­gen­de Kriminalität.

Angst vor dem Coro­na­vi­rus steigt

Im zeit­li­chen Ver­lauf sieht man eine spür­bar ver­än­dert wahr­ge­nom­me­ne Bedro­hungs­la­ge: Heu­te befürch­ten 70 Pro­zent, dass auch in Deutsch­land vie­le Men­schen an dem Coro­na-Virus ster­ben wer­den, vor einem Monat hat nur etwa jeder Drit­te die­ser Aus­sa­ge zuge­stimmt. Covid-19 wird zudem von einer deut­li­chen Mehr­heit (70 Pro­zent) als gefähr­li­cher im Ver­gleich zur nor­ma­len Influ­en­za-Infek­ti­on ein­ge­stuft – auch die­ser Wert hat sich in den ver­gan­ge­nen Wochen gedreht. Zudem gehen 82 Pro­zent davon aus, dass sich das Virus wei­ter mas­siv ver­brei­ten wird. Und jeder zwei­te hat selbst Angst, sich zu infizieren.

Die gute Nach­richt: Die in vie­len Betrie­ben umfang­rei­chen Sicher­heits­maß­nah­men zei­gen offen­bar den erhoff­ten Effekt. Dass ein Kol­le­ge oder eine Kol­le­gin an Covid-19 erkrankt ist, ist die abso­lu­te Aus­nah­me. Weni­ger als 2 Pro­zent der Teil­neh­mer müs­sen einen Fall aus der eige­nen Apo­the­ke bekla­gen. Asym­pto­ma­ti­sche Infek­tio­nen oder sol­che mit beson­ders mil­dem Ver­lauf bil­den dabei aller­dings die Dunkelziffer.

Und was ist mit den Kun­den? In den ver­gan­ge­nen Tagen wur­de viel dar­über dis­ku­tiert, ob alle Men­schen in der Öffent­lich­keit einen Mund­schutz tra­gen sol­len. Eini­ge Län­der in Euro­pa gehen die­sen Schritt bereits, in Deutsch­land hat sich die Stadt Hal­le dafür ent­schie­den. Die Teams in den Apo­the­ken sind in der Fra­ge gespal­ten: 48 Pro­zent befür­wor­ten, dass das Tra­gen eines Mund­schut­zes beim Ein­kau­fen in Deutsch­land ver­pflich­tend wer­den soll­te, 49 Pro­zent sind dagegen.

Luft nach oben bei der Zusam­men­ar­beit mit ande­ren Apotheken

Der Zusam­men­halt unter den Kol­le­gen in der Kri­se könn­te ins­ge­samt grö­ßer sein: Zwar tau­schen sich 30 Pro­zent mit ande­ren Apo­the­ken über Lie­fer­eng­päs­se aus, über mög­li­che Schutz­maß­nah­men (24 Pro­zent) oder das Ver­hal­ten von Kun­den (11 Pro­zent). Aber nur 10 Pro­zent grei­fen sich bei der Her­stel­lung von Des­in­fek­ti­ons­mit­teln unter die Arme, Hil­fe bei Per­so­nal­eng­päs­sen ist noch sel­te­ner (4 Pro­zent). Die Hälf­te der Teil­neh­mer gibt an, über­haupt kei­nen Kon­takt zu Apo­the­ken in der Nähe zu haben.

Hin­weis zur Methodik

Die Ergeb­nis­se der apo­scope-Umfra­ge zur „Zahl der Woche“ wur­den am 31. März und 1. April 2020 mit ins­ge­samt 307 veri­fi­zier­ten Apotheker:innen und PTA online erho­ben. Die Fra­ge­stel­lung lau­te­te: „Inwie­fern stim­men Sie den fol­gen­den Aus­sa­gen zu?“ Mög­li­che Ant­wor­ten auf die Aus­sa­ge „Alle Kran­ken­kas­sen soll­ten den Boten­dienst der Apo­the­ken finan­zi­ell unter­stüt­zen.“ waren „Stim­me voll und ganz zu“, „Stim­me zu“, „Stim­me eher zu“, „Stim­me eher nicht zu“, „Stim­me nicht zu“, „Stim­me über­haupt nicht zu“ und „Kei­ne Angabe/Weiß nicht“. Die Umfra­ge ist reprä­sen­ta­tiv für die deut­sche Apothekenlandschaft.