Berlin – In den ersten Wochen der Corona-Krise wurden die Apotheken nahezu überrannt. Das hat sich inzwischen geändert: Seitdem überall Kontaktsperren unterschiedlichen Ausmaßes verhängt wurden, ist es deutlich ruhiger geworden. Dennoch steht das Wohl der Kunden und dessen Schutz für viele weiterhin an erster Stelle. Daher haben zahlreiche Apotheken für Risikogruppen wie ältere Menschen einen Botendienst eingeführt. Für diese zusätzliche Leistung wünscht sich die Mehrheit des Apothekenpersonals (95 Prozent) finanzielle Unterstützung durch die Krankenkassen, wie die aktuelle aposcope-Umfrage zeigt.
In der aktuellen aposcope-Umfrage wurden Inhaber, angestellte Approbierte und PTA gefragt, was ihnen derzeit die größten Sorgen bereitet. Typisch für Heilberufler – sie denken in erster Linie nicht an sich selbst: Mehr als zwei Drittel (69 Prozent) sorgen sich am meisten um die Gesundheit ihrer Angehörigen, die zu einer Risikogruppe gehören. Abseits davon machen sich viele Teilnehmer (59 Prozent) Sorgen um die wirtschaftliche Stabilität des Landes. Doch vor allem die Gesundheit der eigenen Familie, der Kollegen und Patienten beschäftigt das Personal in den Apotheken.
Zu ihrem Schutz ist die Lieferung von Arzneimitteln über einen Botendienst wichtiger denn je, da dadurch unnötige Besuche in der Apotheke vermieden werden. Dafür erwarten die Apothekenteams mehr Unterstützung von den Krankenkassen. Denn der zusätzliche Service bleibt bisher fast immer (98 Prozent) unbezahlt. Eine deutliche Mehrheit von 95 Prozent stimmt der Aussage zu, dass die Kassen den Botendienst der Apotheken finanziell unterstützen sollten. Und 88 Prozent finden, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) umgehend eine Verordnung zum Botendiensthonorar beschließen sollte. Dabei halten die meisten (73 Prozent) ein Honorar von 2 Euro für angemessen, wie es aktuell schon die AOK Baden-Württemberg zahlt.
Durch Kontaktverbot: Veränderte Situation in Apotheken
Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der befragten Apotheker und PTA gibt an, dass sie seit dem Kontaktverbot weniger Kunden haben als zuvor. 18 Prozent sagen, dass sie in der vergangenen Woche mehr Kunden gehabt haben, bei 24 Prozent war das Aufkommen unverändert. Chroniker haben sich teilweise für längere Zeit versorgt und die normale Laufkundschaft bleibt aus.
Viele Teams nutzen diese Phase, um die in den vergangenen Wochen aufgetürmten Überstunden abzubauen: In jeder fünften Apotheke (22 Prozent) wird so verfahren. Noch häufiger (30 Prozent) werden flexible Arbeitszeiten genutzt. Immerhin 7 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden. Weitere 5 Prozent beanspruchen wirtschaftliche Hilfen. Ebenso viele haben Mitarbeiter in Zwangsurlaub geschickt. Rund die Hälfte der Apotheken hat allerdings bisher noch keine Maßnahmen ergriffen.
Apothekenteams blicken in ungewisse Zukunft
Neben der Angst vor dem Virus selbst ist die mentale Belastung der letzten Wochen nicht spurlos an den Teams vorbeigegangen. Mehr als jeder Dritte (35 Prozent) macht sich Sorgen um die eigene körperliche Gesundheit, nahezu jeder Vierte (24 Prozent) um seine psychische Gesundheit. Dazu kommen Existenzängste: Immerhin 30 Prozent sorgen sich um die eigene wirtschaftliche oder finanzielle Lage. Jeder dritte Inhaber (34 Prozent) bangt um die Überlebensfähigkeit seiner Apotheke, 21 Prozent der PTA um die Sicherheit ihrer Jobs. Doch es gibt auch sehr allgemeine Sorgen: 21 Prozent sorgen sich um die politische Stabilität des Landes, 12 Prozent befürchten Lebensmittelengpässe und 7 Prozent steigende Kriminalität.
Angst vor dem Coronavirus steigt
Im zeitlichen Verlauf sieht man eine spürbar verändert wahrgenommene Bedrohungslage: Heute befürchten 70 Prozent, dass auch in Deutschland viele Menschen an dem Corona-Virus sterben werden, vor einem Monat hat nur etwa jeder Dritte dieser Aussage zugestimmt. Covid-19 wird zudem von einer deutlichen Mehrheit (70 Prozent) als gefährlicher im Vergleich zur normalen Influenza-Infektion eingestuft – auch dieser Wert hat sich in den vergangenen Wochen gedreht. Zudem gehen 82 Prozent davon aus, dass sich das Virus weiter massiv verbreiten wird. Und jeder zweite hat selbst Angst, sich zu infizieren.
Die gute Nachricht: Die in vielen Betrieben umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen zeigen offenbar den erhofften Effekt. Dass ein Kollege oder eine Kollegin an Covid-19 erkrankt ist, ist die absolute Ausnahme. Weniger als 2 Prozent der Teilnehmer müssen einen Fall aus der eigenen Apotheke beklagen. Asymptomatische Infektionen oder solche mit besonders mildem Verlauf bilden dabei allerdings die Dunkelziffer.
Und was ist mit den Kunden? In den vergangenen Tagen wurde viel darüber diskutiert, ob alle Menschen in der Öffentlichkeit einen Mundschutz tragen sollen. Einige Länder in Europa gehen diesen Schritt bereits, in Deutschland hat sich die Stadt Halle dafür entschieden. Die Teams in den Apotheken sind in der Frage gespalten: 48 Prozent befürworten, dass das Tragen eines Mundschutzes beim Einkaufen in Deutschland verpflichtend werden sollte, 49 Prozent sind dagegen.
Luft nach oben bei der Zusammenarbeit mit anderen Apotheken
Der Zusammenhalt unter den Kollegen in der Krise könnte insgesamt größer sein: Zwar tauschen sich 30 Prozent mit anderen Apotheken über Lieferengpässe aus, über mögliche Schutzmaßnahmen (24 Prozent) oder das Verhalten von Kunden (11 Prozent). Aber nur 10 Prozent greifen sich bei der Herstellung von Desinfektionsmitteln unter die Arme, Hilfe bei Personalengpässen ist noch seltener (4 Prozent). Die Hälfte der Teilnehmer gibt an, überhaupt keinen Kontakt zu Apotheken in der Nähe zu haben.
Hinweis zur Methodik
Die Ergebnisse der aposcope-Umfrage zur „Zahl der Woche“ wurden am 31. März und 1. April 2020 mit insgesamt 307 verifizierten Apotheker:innen und PTA online erhoben. Die Fragestellung lautete: „Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu?“ Mögliche Antworten auf die Aussage „Alle Krankenkassen sollten den Botendienst der Apotheken finanziell unterstützen.“ waren „Stimme voll und ganz zu“, „Stimme zu“, „Stimme eher zu“, „Stimme eher nicht zu“, „Stimme nicht zu“, „Stimme überhaupt nicht zu“ und „Keine Angabe/Weiß nicht“. Die Umfrage ist repräsentativ für die deutsche Apothekenlandschaft.